Wie man 200 Gäste mit Kerzenlicht versorgt (Teil 2)

Ein Beitrag zum Podcast "We need you" des Touriseums

27/08/2024 Podcast "We need you"
Touriseum

von Peter Schroffenegger

In den 70er Jahren war das Hotel relativ bekannt, weil es eine neue moderne Struktur hatte, die den Gästen sehr gefiel. Ich hatte Glück meinen Chef, eine herausragende Persönlichkeit, kennenzulernen. Er war der Chef-Concierge. Ihn möchte ich besonders hervorheben, weil er mich in den nächsten 20 Jahren prägte. Er stammte aus dem Ultental, wohnte in Forst und hatte eine immense Erfahrung. Er war in vielen großen Hotels als Chef-Concierge tätig. Ich arbeitete über 10 Jahre als Hilfsportier/-Concierge mit ihm zusammen. Dann wurde ich Zweiter Concierge und blieb bis zu seiner Pensionierung. Anschließend wurde ich selbst zum Chef-Concierge, das war damals üblich. 

Am Anfang hatte ich nur eine Saisonstelle im Eurotel und in der Zwischenzeit machte ich anfangs eine Wintersaison. Einmal machte ich eine Wintersaison im noblen Grand Hotel Karersee. Winston Churchill, Kaiserin Sissi von Österreich waren dort zu Gast. Einmal hatten wir mitten im Winter ein riesiges Problem; einen Stromausfall für 10 Tage! Und das in einem Hotel mit 200 Betten! Der Betrieb musste trotzdem weiterlaufen und wir empfingen die Gäste bei Kerzenlicht. Wir improvisierten, aber die Gäste waren trotz allem zufrieden. Es war ein schwieriger Winter mit viel Schnee, da sahen wir den Zusammenhalt unter dem Hotel Personal. Der damalige Direktor Herr Richter arbeitete zuvor im Hotel Minerva und war nun dessen Direktor. Daher konnte ich in der Wintersaison bei ihm arbeiten. Er sagte immer zu mir: „Peter, ihr von der Rezeption müsst euch ein bisschen um die Mitarbeiter kümmern“. 

Ich war dementsprechend für die Gäste und auch für sie zuständig. Bei Problemen und wenn das Personal sich nicht traute mit den Chefs oder der Chefin zu sprechen, hörte ich mir ihr Anliegen an. Ich war stets freundlich zu dem Hotelpersonal. Diese Zusammenarbeit erstreckte sich auf das Reinigungspersonal, den Hausmeister und das Restaurantpersonal. Die Abstimmung der Essenszeiten war besonders wichtig. An oberster Stelle stand immer die Zufriedenheit der Gäste. Das war das Wichtigste für uns. Wir konnten fast nie „nein“ sagen. 

Ich musste daher einen guten Draht zur Küche und zu den Kellnern haben. Wenn ein Gast spät abends ankam und unbedingt noch etwas essen wollte, konnte ich nicht einfach „Nein“ sagen. Es war eine Herausforderung für die Küche und das Servicepersonal davon zu überzeugen, ob wir den Gast noch bedienen könnten oder nicht. Diese Probleme traten täglich auf. Die Wünsche der Gäste, insbesondere der anspruchsvollen italienischen Gäste, machten die Situation zusätzlich komplizierter. 

Für einen Oberkellner oder Concierge war der italienische Gast immer am interessantesten. ER war stets anspruchsvoll und änderte seine Meinung am Tag ständig. Wenn er morgens etwas wollte, war es abends schon wieder vergessen. Das Spannende daran war, trotz dieser Herausforderungen, erfolgreich zu sein. 

Eurotel ,,Sciliar“ auf der Seiser Alm 

Nach meiner Zeit im Grand Hotel Karersee verbrachte ich eine Saison im Eurotel „Sciliar“ auf der Seiser Alm. Ich hatte Kontakt zur High Society, besonders weil das Skifahren in Südtirol erst richtig in Schwung kam. Die Wohlhabenden trugen bereits teure Skianzüge und besaßen eine super Skiausrüstung. In Meran hingegen standen durch den Pferderennplatz die Pferdebesitzer im Mittelpunkt. Die noblen Amerikaner jüdischer Abstammung, die vorher in Florida waren, kamen teilweise nach Meran und wohnten in Hotels wie dem Meranerhof, dem Palace oder dem Eurotel. Diese Gäste bildeten eine eigene Elite, waren sprachgewandt, international und prägten Meran auf ihre eigene Art und Weise. In meiner Rolle als Concierge war ich unter anderem auch zuständig für den Geldwechsel. 

Ich hatte die Gelegenheit eine Wintersaison auf der Seiser Alm zu verbringen. Dort lernte ich eine völlig andere Art von Gästen, anspruchsvollere, kennen – sie suchten nach Unterhaltung. Die Meraner Gäste im Burggrafenamt unterschieden sich stark von den Gästen während der Wintersaison. Es erforderte Improvisation, denn sie waren auch etwas jünger. Wir mussten darauf achten, dass alles reibungslos funktionierte, aber es war äußert interessant. 

Jahresstelle im Eurotel Meran 

Im Eurotel erhielte ich eine Jahresstelle und war zweiter Concierge. Eine Dame aus Wien, ein Stammgast, kam öfters ins Eurotel zu Besuch und sagte mir eindringlich, dass ich Englisch lernen sollte. Ich sprach bereits gut Deutsch und Italienisch. Ich konnte sehr gut Italienisch, weil ich als Kind in der Altstadt gelebt hatte und dort waren auch viele Italiener. Meine Schwester und ich spielten mit diesen Kindern. In der Volksschule unterrichtete mich ein guter Italienisch-Lehrer. Deshalb konnte ich ganz gut Italienisch, das war sehr wichtig für mein Beruf. Der Chef Concierge war mein großes Vorbild, er konnte nur ein paar Worte Englisch, stattdessen bisschen Französisch. Die Wienerin lud mich zu ihrer Tochter nach London ein, um dort Englisch zu lernen und bei ihr Au-pair zu sein. Ich nahm die Au-pair Stelle an. Offenbar war es jedoch sehr schwierig als Mann eine Au-pair-Stelle zubekommen. Ich kam trotzdem nach London, blieb über ein 1 1/2 Jahre bei einer jüdischen britischen Familie und arbeitete dort. Ich war ein Gemisch zwischen einem Au-pair und einen Butler. Ich musste ebenfalls kochen und hatte viel vom damaligen Küchenchef Egger vom Hotel Minerva und auch von meiner Mutter gelernt. 

Eurotel, England oder Schweiz – überall bin ich zuhause 

Nach der Wintersaison arbeitete ich im Eurotel. Da war Frau Schwarz zu Gast. Sie lebte bei uns ein paar Jahre, weil wir eine Jahresdestination waren – ein Hotel, das nicht geschlossen hatte. Ab 1969 hatten wir eine gute Verbindung zu den Nachbarhotels. Wenn das Hotel unserer Nachbarn gut besucht oder voll war, dann leiteten wir immer die Anfragen oder die Gäste weiter. Dadurch lernte ich Frau Eisenkeil, seitdem ich 18 Jahre alt war, kennen. Wir haben weiterhin einen sehr guten Bezug zueinander und dies wirkte sich auf meine Karriere positiv aus. 

Meine Zeit in England war wunderbar. Ich konnte Englisch lernen, bis ich zurückkam. Ein Freund von mir übernahm in Südtirol meine Stelle, als ich in England war. Er war der 2. Concierge im Palace. Nachdem ich wiedergekommen bin, war die Stelle noch nicht frei, aber er sagte, dass ich nächstes Jahr meine Stelle wiederhaben kann. In der Zwischenzeit arbeitete ich ein Jahr im Grand Hotel Emma. Danach arbeitete ich fünf Monate in einem tollen Hotel in der Schweiz; im Grand Hotel Loèche les Bains in Leukerbad, ein Bergdorf mitten im Gebirge auf 2000 Meter. Das war im Kanton Wallis in der Nähe von Crans Montana und Zermatt. 

Ich betätigte mich im Schweizer Grand Hotel als Telefonist und als Chasseur. Diese Gesellschaft hatte fünf Hotels und besaß ein Personalhaus mit 250 Betten. Es waren 250 Angestellte in diesem Haus und es gab wie in einem Hotel strenge Regeln. Ich besaß ein eigenes Zimmer, weil ich zur höheren Kategorie gehörte. Das Management waren Schweizer, der Chef Concierge war auch Schweizer, der Oberkellner und der Chefkoch waren Italiener. In den großen Hotels gab es ein Telefonist, der den ganzen Tag nur telefonierte. Er musste in der Rezeption/dem Portier mithelfen. Nachdem es im Hotel etwas ruhiger wurde, stellte man mich als Chasseur ein. In den Großstädten besorgten sie die Taxis, die den Hausmeister rufen, damit die das Gepäck der Gäste abholen können und im Wagen unterbrachten. Wenn der Gast sagte: „Ich will mein Auto 10 vor 10 Uhr haben“, dann musste es 10 vor 10 Uhr vor dem Eingang stehen. Als Chasseur trug man eine Uniform, mit Handschuhen und er machte die Tür auf. Er gibt dir dann die Schlüssel. Anschließend mussten wir auf die Gäste am Busbahnhof warten, weil es keine Eisenbahn gab. Der Bus oder die Autos kamen rauf und wir empfingen die Gäste am Bahnhof. 

Fortsetzung folgt


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Eine Aktion des Touriseums im Rahmen der Sonderausstellung "We need you!"